EHRLICHKEIT/ ritterliches Ansehen, Würde (êre)

Gerade komme ich von der Apotheke. Ich wollte gerne eine Alternative zu einem bestimmten Medikament, darauf die Verkäuferin: „ne Alternative gibs nich“.

Etwas Kompetenz und Beratung hätte ich ja schon bei Apothekerpreisen erwartet, aber wie sage ich immer so schön: „Wer viel erwartet, wartet viel!“ oder auch „…,kann lange warten“. Plötzlich wusste ich wieder, warum ich eine Heilpraktiker Ausbildung gemacht habe. Ich gehe ja auch nicht in einen MediaMarkt, um mich beraten zu lassen. Ich fragte also freundlich, was sie mir denn in meinem Fall empfehlen könne, da ein Wirkstoff darin doch zu Leberschädigungen führen kann, sogar mit einigen Todesfällen kürzlich. Sie meinte nur schulterzuckend: „naja, wenn man danach geht, dann sind hier alle Präparate im Regal leberschädigend.“ Das war doch mal ehrlich! Ich bestellte also den Wirkstoff mit extra forte, meine Leber verträgt ja so einiges – ich mag Ehrlichkeit.

Aber in unserer Welt von über 150 Jahren perfektioniertem Marketing (Schein wichtiger als Sein) ist es kein Wunder, dass Ehrlichkeit nicht populär ist. Das Internet ist auch nicht gerade voll von Wahrheiten. Insbesondere digital kann man gut betrügen. Wer meine über 3000 hyperealhübschen Facebook- „Freundinnen“, wo ich nicht einmal weiß, wer dahintersteckt, gesehen hat, weiß wovon ich rede. Ich habe damals studiert, wie man mit Medien am besten lügen kann. Man kann seit über 20 Jahren unter c-base.org lesen, dass ich Teile einer alten Raumstation in Berlin Mitte gefunden habe, die wir wiederaufbauen.

Vor kurzer Zeit habe ich mal einen Artikel von einer jungen Frau gelesen, die mit einem „Nerd“ eine Beziehung hat. Diese „Spezies“ hat scheinbar die Eigenschaft in einer Partnerschaft, ständig aus Rücksicht und Höflichkeit zu lügen, abgelegt. Anfangs wusste sie nicht, was sie davon halten soll, wenn er sie morgens ansah und ehrlich und respektvoll fragte, ob sie wohl schlecht geschlafen habe. Aber schlussendlich verzichtete sie gerne auf Schmeicheleien, weil sie wusste, dass sie sich absolut auf ihn verlassen kann und er sie niemals belügen oder betrügen würde. Sie hat also die Qualität entdeckt, dass durch radikale Ehrlichkeit Vertrauen entstehen kann. Frauen müssen sich auch nicht belügen lassen, um ihr Selbstwertgefühl (was durch 14-jährige, retuschiert und abgemagerte Models ausgelöst wird) zu steigern. Männer haben ähnliche Probleme, kompensieren “Kleinigkeiten“ aber eher durch übersteigertes Selbstbewusstsein, Macht, Geld oder deutlich zu sehende Prestige- Objekte. Das wäre auch nicht nötig, wenn man sich einfach so nehmen könnte, wie man ist.

Vielleicht entsteht in einer Welt voller Masken (Schminke, falsche Brüste, fette durch Darlehen finanzierte Eigenheime und Autos, Banken, die schon lange keinen Gegenwert ihrer vergebenen Darlehen mehr besitzen…) wieder eine neue Sehnsucht nach Authentizität und Echtheit? Ehrlichkeit wird meist in der Bedeutung von Redlichkeit, Aufrichtigkeit, Wahrhaftigkeit, Offenheit, Geradlinigkeit und Fairness gebraucht. Mit absoluter Wahrheit hat das nichts zu tun. Aber wer weiß schon, was das ist. Daher gehen wir mal von uns selbst aus.

Als „ehrlich“ werden mittlerweile auch jene Menschen bewertet, die zu sich selbst, ihren Macken, ihren Defiziten, ihren entwicklungsbedingten Störungen usw. (reflektiert) stehen und nichts beschönigen. Unterschieden wird Ehrlichkeit im Reden, was bedeutet, die Wahrheit zu sagen, und die Ehrlichkeit im Verhalten, zum Beispiel um andere nicht zu manipulieren, nicht zu täuschen, um anderen nicht zu schaden oder einen Auftrag (ohne einen eigenen Vorteil wahrzunehmen und im Sinne eines fairen Auftraggebers) sachlich zu Ende bringen. (Wikipedia)

Bei Ehrlichkeit geht es also vor allem auch um Ehrlichkeit zu sich selbst. Sich selbst etwas vor zu machen, heißt, man belügt sich und meist auch alle anderen. Man gibt etwas vor zu sein, was man nicht ist und ist sich selbst damit nicht treu. Man versucht etwas Anderes zu sein. Entweder, weil es von außen erwartet wird, oder weil man denkt, dass es so sein muss. Ich glaube nur sehr wenige Menschen machen sich überhaupt Gedanken, darum, wie sie wirklich leben wollen und was ihre Herzenswünsche sind. Diese innerliche Unterdrückung führt unter anderem zu Depressionen oder Sucht, wobei ich nicht nur Drogensucht meine, sondern Konsumsucht. Es ist gut für die Wirtschaft dicke Autos, Versicherungen, Berge von Essen oder Riesen-Smart-TVs zu verkaufen.

Wenn man hingegen aufrichtig ist und in jedem Moment aufmerksam ist, kann man seine Authentizität spüren. Man kann versuchen situativ aufrichtig zu sich selbst zu sein. Man kann zu seinen Werten und Idealen und den eigenen Gefühlen Kontakt aufnehmen und ohne sich zu verstellen der eigenen inneren Überzeugung Ausdruck geben. Wenn man ehrlich zu sich selbst ist, kann man auch zu seinen Fehlern stehen und muss sie nicht ständig verleugnen. Aufrichtigkeit stellt übrigens eine der sieben Tugenden des Bushido (japanischer Verhaltenscodex) dar. Sie zählt ferner zu den preußischen Tugenden. Ist man zu sich selbst aufrichtig, wird man unbeugsam (man muss sich nicht verbiegen) und unkäuflich. Man kann aufrichtig und auf gleicher Augenhöhe dem Gegenüber begegnen, dessen Blick man nicht ausweicht.

Ein Aspekt der zur Gründung der Berliner Rittergilde war meines Wissens nach die Beobachtung von angeberischen Schwertträgern auf Mittelaltermärkten, die das Bedürfnis auslösten, selber doch mit einem solchen wenigstens umgehen zu können, um nicht nur so einen Schein zu erzeugen.

Die Tugend „Ehrlichkeit“ taucht in den Verhaltensregeln (Gildengesetze) der Berliner Rittergilde sogar an zwei Stellen auf:

  1. Wir reden gegenüber Dritten nur über Dinge, bei denen wir uns sicher sind.Im Zweifelsfall bitten wir einen Waffenbruder um Unterstützung.

  2. Wir halten immer unser Wort.

Die Berliner Rittergilde ist glaubwürdig. Unsere Partner und Auftraggeber vertrauen uns, da wir das liefern, was wir versprochen haben. Wir sind authentisch, weil wir nicht Ritter spielen. Wir versuchen auch im historischen Kontext authentisch zu sein (oder entscheiden uns manchmal bewusst dagegen, um den Spaß nicht zu verlieren). Wir kämpfen mit offenem Visier (metaphorisch). Unseren Kameraden begegnen wir aufrichtig. Falls nicht, helfen wir uns gegenseitig wieder hoch (z.B. nach dem Kampf).

 

Weiterführende Empfehlungen:

Wie wir in jedem Gespräch die Wahrheit erkennen // Prof. Dr. Jack Nasher:  https://youtu.be/oAJmaNSqzPI

Unterhaltung und sicherlich auch zum Teil wahr: https://www.imdb.com/title/tt1235099/